Autismus: Mehr Kinder betroffen als früher?

 

Woher stammt der Begriff „Autismus“?

Der Begriff Autismus stammt aus dem Griechischen (autos = selbst) und beschreibt den sozialen Rückzug und ein Zurückweichen in die eigene Gedankenwelt

Das danach genannte autistische Syndrom hat drei besondere Merkmale:

  • qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion
  • qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und
  • eingeschränkte Interessen, stereotype Verhaltensmuster, Sonderbegabungen und Besonderheiten in den Aufmerksamkeitsfunktionen

Wie äußern sich die Merkmale im Alltag?
1. qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion
Betroffene haben Probleme Emotionen des anderen zu erkennen und sich in emotionale Zustände des gegenüber hinein zu versetzen, fehlende „kognitive Empathie“

2. qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation
Betroffene haben Probleme in der nonverbalen Kommunikation, zum Beispiel die Mimik und Gestik des gegenüber zu verstehen bzw. richtig zu interpretieren, so dass es oft zu Missverständnissen kommt. Sprichwörter werden wörtlich verstanden, zum Beispiel „an die Decke gehen“, wechselseitige Kommunikation ist erschwert, „small talk“ ist nicht möglich, das „zwischen den Zeilen lesen“ funktioniert nicht

3. eingeschränkte Interessen, stereotype Verhaltensmuster, Sonderbegabungen
Betroffene leben nach einem sehr eigenen rigiden und sich genauso immer wiederholenden Tagesablauf, oft mit Ablaufroutinen (Beispiel: immer das Gleiche exakt zu einer festen Uhrzeit vor dem Schlafengehen essen, alles muss exakt immer gleich ausgerichtet au dem Schreibtisch liegen)
Bsp. Für Sonderbegabung oder Sonderinteresse: eine unserer Patientinnen, die ein Gymnasium besucht, fährt am Tag mehrere Stunden Straßenbahn und kennt jede Linie, jede einzelne Bahn und auch jeden Straßenbahnführer der Stadt

4. weitere Charakteristika, die typisch sind:
fehlender spontaner Blickkontakt (oft antrainiertes Schauen zwischen die Augen des Gegenübers), schnelle Reizüberflutung akustisch, taktil, visuell) Schwierigkeiten in der Feinmotorik und Koordination der Bewegungsabläufe z.B. auffällig in Gruppenspielen,
detailorientiert z.B. in der visuellen Wahrnehmung, Wutattacken, motorische Stereotypien wie Schaukeln, im Kreis laufen.

 

Die 3 unterschiedlichen Formen des Autismus

  • Frühkindlicher Autismus
  • Asperger-Syndrom
  • Atypischer Autismus

Frühkindlicher Autismus
Hier kommt es von Geburt an zu Auffälligkeiten. Es fallen deutliche Verzögerung der Sprachentwicklung und der motorischen Entwicklung auf. Auch vorsprachliche soziale Kontaktaufnahme der Kleinkinder zum Beispiel in Form von Blickkontakt oder sozialem Lächeln oft gestört. Es besteht nicht selten eine allgemeine Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung. In Abgrenzung zum Asperger-Syndrom sind diese Auffälligkeiten vor dem 3. Lebensjahr schon sichtbar.

Asperger-Syndrom
Das Asperger-Syndrom wurde 1944 Hans Asperger beschrieben, die Forschung jedoch erst Anfang der Neunzigerjahre intensiviert.
Es unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus dadurch, dass bis zum 3. Lebensjahr die Entwicklung und insbesondere die Sprachentwicklung noch altersentsprechend voran schreitet. Menschen mit Asperger-Syndrom haben oft eine unauffällige Intelligenz, manchmal sogar überdurchschnittlich. Dadurch bedingt können Schwierigkeiten in der sozialen Wahrnehmung und Kommunikation oft verborgen oder kompensiert werden, so dass die Diagnose erst sehr spät im Erwachsenenalter gestellt wird.

Atypischer Autismus
Dieser Untertyp fast oft nicht eindeutig zuzuordnenden Patienten zusammen, die zum Beispiel bis zum dritten Lebensjahr keine Auffälligkeiten zeigten, danach jedoch eine Fülle von Symptomen entwickeln über den klassischen Asperger-Autismus hinausgehen.

Künftig soll Einteilung jedoch nur noch in Schweregrade erfolgen
In der neuen Einteilung (nach DSM-V und ICD 10) heißt das jetzt Autismus-Spektrum-Störung. Darunter fallen alle Autismusformen. Stattdessen soll in verschiedene Schweregrade unterschieden werden.

Autismus tritt oft nicht alleine auf – häufige Begleiterkrankungen (Komorbiditäten)

  • AD(H)S (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Konzentrationsprobleme, die aufgrund leichter Ablenkbarkeit durch Außenreize oder eigene Gedanken entstehen und mit Impulsivität und Hyperaktivität gekoppelt sein können.)
  • Tourette-Syndrom
  • Depressionen, Phobien, posttraumatische Belastungsstörungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, Schlafstörungen, Stottern, etc.
  • Epilepsie – insbesondere bei vorhandener geistiger Behinderung

Ursachen von Autismus-Störungen

Genetische Faktoren
Erbliche Faktoren gelten als eine der Hauptursachen für autistische Störungen, jedoch gibt es das Autismus-Gen nicht sondern man geht von einem Zusammenspiel verschiedener Gene aus, die vom Erbträger weitergeben werden oder sich erst in der frühen intrauterinen Entwicklung verändert haben (Spontanmutationen). Bei einem von Autismus-Spektrum-Störung betroffenen Elternteil ist das Risiko, ebenfalls ein Kind mit Autismus-Spektrum-Störung zu bekommen, stark erhöht. Eineiige Zwillinge erkranken in der Regel beide an Autismus Spektrum Störung. Vermutlich ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Gene und Umweltfaktoren für die Erkrankung verantwortlich.

Elterliches Alter bei Geburt des Kindes
Der Einfluss eines höheren Alters der Väter auf erhöhte Raten von Autismus-Spektrum-Störungen konnte bestätigt werden. Andere Studien fanden Effekte sowohl für höheres mütterliches als auch väterliches Alter.

Risikofaktoren in Schwangerschaft und Geburt
Bestimmte Infektionskrankheiten der Mutter in der Schwangerschaft, wie die Rötelninfektion, sind belegte Risikofaktoren für Autismus-Spektrum-Störungen. Eine dänische Studie fand ein erhöhtes Risiko nach schweren Virus- im ersten Trimenon und schweren bakteriellen Infektionen im zweiten Trimenon. Mehrere populationsbasierte Studien konnten des Weiteren zeigen, dass eine (starke) Als Schwangerschafts-assoziierte Risikofaktoren ausgeschlossen werden konnten bisher Alkoholkonsum sowie eine starke psychosoziale Belastung der Mutter.

Zunehmend trifft die Diagnose „Autismus“ Kinder. Vor allem unter dem Asperger-Syndrom sollen viele leiden
Kinder mit Autismus finden meist schwer Freunde, sind lieber allein, interessieren sich mehr für technische Dinge als für Menschen: Autisten leider unter einer Störung der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie rigiden Verhaltensweisen. Immer häufiger wird Kindern eine bestimmte Form der Krankheit, der Asperger-Autismus, attestiert. Woran liegt das? Und wann ist ein Kind einfach bloß Einzelgänger, wann ist es autistisch?

Weitere Anzeichen für Autismus sind:

  • Autisten vermeiden Blick- und Körperkontakt.
  • Schon leichte Abweichungen des Alltags können sie aus der Fassung bringen.
  • Sie wiederholen immer gleiche Bewegungen und Wörter.
  • Autisten hören oft nicht auf den eigenen Namen und ignorieren menschliche Stimmen eher als Geräusche.
  • Beim Spielen können sie nicht so tun, als ob – das heißt, sie tun sich mit Rollenspielen schwer.
  • Schon als Kleinkinder zeigen sie nicht auf Dinge und versuchen auch nicht, gleichzeitig den Blick einer Begleitperson darauf zu lenken.
  • Sie lassen sich von den Gefühlen anderer nicht anstecken – zum Beispiel, wenn sich alle am Geburtstag für sie freuen.

Immer mehr Kinder betroffen?
Bis in die 70er Jahre war nur der Frühkindliche Autismus als Krankheitsbild bekannt. Damals kamen vier bis fünf Autisten auf 10.000 Menschen. In den achtziger Jahren wurde der Asperger-Autismus im englischsprachigen Raum entdeckt, was die Fallzahlen erhöhte. Zusätzlich wurden die Diagnosemöglichkeiten immer besser. Mittlerweile sind die Fallzahlen auf 1 bis 1,5 Prozent gestiegen. Für die Betroffenen ist das positiv, da Ihnen ein langer Leidensweg von Fehldiagnosen erspart bleibt und entsprechende Therapien früher ansetzen können.

Diagnosemethoden werden ständig verbessert
Die verfeinerten Instrumente zur Diagnose ermöglichen es heute, Anzeichen für die Störung immer früher zu erkennen. Oft sind es jedoch erst Auffälligkeiten in der Schule, die zur Diagnose führen. Die Anzeichen sind dann in der Regel eine gestörte Sprachentwicklung und Probleme im Umgang mit anderen Kindern. Manchmal stehen andere mögliche Komorbiditäten (z.B. ADS/ADHS) so im Vordergrund, dass sie die Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“ verdecken und diese erst sehr viel später erfolgt.

 

Therapeutische Ansätze

Mit Verhaltenstherapie Alltagssituationen trainieren
Gegen Autismus gibt es keine Medikamente, lediglich gegen einige Begleiterkrankungen wie z.B. ADS/ADHS oder Epilepsie. Ansonsten hilft Verhaltenstherapie: In speziellen Übungen trainieren die Betroffenen zum Beispiel, wie sie am besten Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen und mit ihnen kommunizieren, wie sie sich in Gruppen verhalten sollten und was sozial angebracht ist.
Verschiedene Organisationen oder auch Spezialambulanzen in der Regel von Universitätskliniken bieten Kurse für Eltern autistischer Kinder an. Ein Beispiel sind die Autismus-Therapiezentren des Autismus Deutschland e.V. Die Krankenkassen bezahlen die Kurse in der Regel allerdings nicht.

 

Einige Nützliche Adressen

Autismus.de
Autismus Therapieinstitut Langen
Uniklinik Freiburg